Psychotherapeutenkammer Bayern

Großes Interesse am Angestelltentag - rund 150 Teilnehmer

25. September 2009 - Der Angestelltentag, der am Freitag, 18. September 2009, in München stattfand, war als Fortbildungs- und Informationsveranstaltung für angestellte und beamtete Psychologische Psychotherapeut/inn/en (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/inn/en (KJP) konzipiert. Rund 150 angestellte und beamtete PP und KJP aus Kliniken, Beratungsstellen und weiteren Institutionen sowie mehrere Psychotherapeut/innen in Ausbildung (PiAs) nutzten die vielfältigen Informationsangebote in den Fachvorträgen und den vertiefenden Workshops.

Dr. Nikolaus Melcop, Präsident der PTK Bayern sagte bei der Eröffnung, dass er sich freue, dass neben den diversen Aktivitäten der Kammer für unterschiedliche Arbeitsbereiche von Angestellten nun auch dieser Angestelltentag auf großes Interesse gestoßen sei. Er betonte, dass trotz großer Fortschritte für die psychotherapeutische Versorgung seit Gründung der Kammern noch zentrale Aufgaben für angestellte PP und KJP zu lösen seien wie eine angemessene Eingruppierung und Vergütung und bessere Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg bis hin zu Leitungsfunktionen. Im Rahmen seiner Grußworte erinnerte Gert Sonntag, Leiter der Stabsstelle Strategische Sozialplanung und Geschäftsführer des Gremiums zur Gesundheits-, Sozial- und Versorgungsplanung im Bezirk Oberbayern, an seine langjährige Tätigkeit in der Suchttherapie und seine eigene therapeutische Arbeit als PP. Dabei habe er u. a. gelernt, sehr nachhaltig zu arbeiten, was ihm für seine heutigen Aufgaben immer wieder sehr hilfreich sei.

Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der PTK Bayern, erläuterte in seinem Fachvortrag das Zusammenwirken zwischen der Kammer und den angestellten Mitgliedern. Ausgehend von der Geschichte und den Aufgaben der Kammer ging er auf die Schwerpunkte der Arbeit des Ausschusses Psychotherapie in Institutionen (PTI) der BPtK ein. Aktuelle Punkte in der Agenda des Ausschusses betreffen ein Expertengespräch zur Psychotherapie in der stationären Jugendhilfe, eine gemeinsame Tagung mit ver.di für die Interessenvertretung durch PP und KJP in Kliniken, Empfehlungen für Stellenbeschreibungen sowie eine Expertise zur Psychotherapie in der Forensik. Weitere wichtige Themen sind z. B. die engagierte Begleitung der TVöD-Ausgestaltung und anderer Tarifverträge sowie die Revision des Psychotherapeutengesetzes. In Bezug auf das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz soll u. a. ein tagespauschaliertes Finanzierungssystem für psychotherapeutisch zu behandelnde Patienten entwickelt werden, das sich am Schweregrad und am Behandlungsbedarf orientiert. Am Schluss seines Vortrags skizzierte Heiner Vogel die wesentlichen Eckpunkte des Forschungsgutachtens zur Reform des Psychotherapeutengesetzes. Hierbei fordern die PTI-Ausschüsse, dass sich die Basisausbildung weniger auf die Richtlinienverfahren und mehr auf allgemeine Kompetenzen beziehen sollte. Eine Gesetzesänderung sei frühestens 2010 zu erwarten. Vor dem Hintergrund der steigenden Zahl psychischer Störungen und der Veränderung des Versorgungssystems sei es für die angestellten PP und KJP wichtig, in den Kammern und Verbänden mitzuwirken und sich hierdurch in die Gesundheitspolitik einzumischen, betonte Vogel.

Einen Überblick zu Tarif und Eingruppierung der angestellten PP und KJP gaben Gerd Dielmann, Bereichsleiter Berufspolitik für Gesundheitsberufe bei ver.di, und Willi Drach, PP und KJP am Kinderzentrum München. Vor dem Hintergrund des steigenden Kostendrucks im Sozial- und Gesundheitswesen, Outsourcing von Servicebereichen, und der Privatisierung ganzer Krankenhäuser sei auf Arbeitgeberseite eine stark nachlassende Tarifbindung festzustellen. Der Druck auf Löhne und Gehälter in tarifgebundenen Betrieben nehme zu. Bei privaten Trägern sei eine Zersplitterung der Tariflandschaft zu erkennen. Mit den Klinikgruppen Damp, Helios, Paracelsus und Sana seien erste Konzerntarifverträge abgeschlossen worden, ansonsten herrschten überwiegend Haustarifverträge oder gar keine Tarifbindung vor. Trotz Schaffung des TVöD werden angestellte PP und KJP derzeit immer noch nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und in der Folge entsprechend des Hochschulabschlusses und der Art der Tätigkeit eingruppiert. Eine tarifliche Gleichstellung mit Fachärzten werde von der Rechtsprechung verneint. Ver.di fordere daher die Eingruppierung in zwei Schritten: Bestimmung der Grundmerkmale, wie Kenntnisse und Fertigkeiten sowie Bestimmung der Zusatzmerkmale, wie z. B. soziale Kompetenz, Selbstständigkeit und Verantwortung. Hauptziel sei dabei eine facharztäquivalente Vergütung. Auf die PiAs bezogen fordert ver.di die Eingruppierung über EntGO TVöD/TV-L (Entgeltordnung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder).

Dr. Michael Svitak, Leitender Psychologe am Klinikum Staffelstein, eine Einrichtung der Schön Kliniken, informierte in seinem Vortrag über die Leitungsfunktionen und Aufstiegschancen für Psychotherapeuten. Der Referent stellte vier verschiedene Laufbahntheorien vor und präsentierte am Ende Thesen für die berufliche Laufbahnplanung: Selbstreflexion über eigene Werte und Ziele, Integration von Erfahrungen in das eigene Selbstkonzept, Suche nach Laufbahnalternativen sowie Unabhängigkeit von organisatorischen Strukturen. Es genüge nicht, so Svitak, mit beiden Beinen im Leben zu stehen, man müsse sich in Bewegung setzen und immer wieder neu die eigenen Ziele und Möglichkeiten reflektieren.

In den vier parallel stattfindenden Workshops wurden die Themen am Nachmittag vertieft: Tarif und Eingruppierung, Aufstiegschancen, Kammer und Angestellte und Positionierung in Erziehungsberatungsstellen. Zur Situation in Erziehungsberatungsstellen gab Dr. Peter Dillig, Delegierter der PTK Bayern und wissenschaftlicher Beirat der Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Bayern e.V. (LAG), einen Überblick über die Situation der PP und KJP in Erziehungsberatungsstellen und erläuterte die Aufgaben der Erziehungsberatungsstellen in der Jugendhilfe.

In dem Workshop „Kammer und Angestellte“ wurden Möglichkeiten einer weiteren Verbesserung der Zusammenarbeit und dabei auch kritische Fragen diskutiert, z. B. zur Ausprägung der Vertretung der Angestellteninteressen in der Kammer, zur Höhe des Beitrags an die Kammer oder zur Ausbildungssituation der PiAs in den Institutionen.
Den Schlussvortrag hielt Ilhami Atabay, PP in eigener Praxis, zum Thema „Migranten in Psychotherapie und Beratung“. Atabay bemängelte die schlechte psychotherapeutische Versorgung für Migranten. Es stünden für Migranten viel zu wenige muttersprachliche Psychotherapeuten und insbesondere nicht-muttersprachliche Psychotherapeuten mit Interesse an dieser Arbeit zur Verfügung. Migranten seien vielfach stark verunsichert und hätten keine Kenntnisse darüber, was Psychotherapie sei und was sie leisten könne. Der Referent räumte ein, dass sprachliche Verständigungsschwierigkeiten eine Rolle spielen könnten. Atabay wörtlich: „Wir brauchen mehr Empathie, mehr Offenheit in der Arbeit mit diesen Menschen. Es ist eine große Bereicherung für deutsche Psychotherapeuten, mit Migranten zu arbeiten. Der Dank, die Anerkennung und die Zuwendung dieser Patienten sind etwas Wundervolles. Ich hoffe, dass mehr deutsche Kollegen bei den Migranten ankommen und umgekehrt.“

In der Schlussdiskussion betonte Heiner Vogel, dass die PTK Bayern in den letzten sieben Jahren in der Tat einiges erreicht habe, was mit Verbandsarbeit so nicht erreicht worden wäre. Der Vorstand werde die geäußerten Vorschläge und Wünsche aufgreifen.



PTK Bayern

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