Psychotherapeutenkammer Bayern

6. Bayerischer Landespsychotherapeutentag: PTK Bayern befasst sich mit Nutzen und Risiken von Internetangeboten für psychisch kranke Menschen und fordert fachliche Qualitätsstandards

Pressemitteilung
07. Mai 2015 - „Angebote für psychisch kranke Menschen im Internet sind kein Ersatz für eine Psychotherapie im persönlichen Kontakt bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten“, betont Dr. Nikolaus Melcop, Präsident der Psychotherapeutenkammer Bayern anlässlich des 6. Bayerischen Landespsychotherapeutentages. „Angebote zur Beratung oder Therapie über das Internet können die Diagnostik und Behandlung durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten im persönlichen Kontakt nicht ersetzen und in besonderen Fällen nur dann ergänzen, wenn eine intensive und fachkundige Abwägung der Risiken und Chancen für den möglichen einzelnen Nutzer durchgeführt wurde.“

Risiken und Gefahren von internetbasierten psychotherapeutischen Beratungs- und Behandlungsangeboten ergeben sich insbesondere aus der Schwierigkeit, den Grad des Schutzes von persönlichen Daten bei einer Kommunikation über das Internet einzuschätzen und damit mögliche negative Folgen in der Zukunft für die betroffenen Nutzer. Weitere Risiken können sich aus den eingeschränkten, diagnostischen Möglichkeiten ergeben, da der persönliche Kontakt zwischen Patient und Psychotherapeut als wichtige Informationsquelle fehlt. Bei asynchronen Kommunikationsformen sind kurzfristig notwendig werdende Kriseninterventionen deutlich erschwert.

Demgegenüber stehen Vorteile, die sich für bestimmte Personengruppen mit erheblichem Leidensdruck aufgrund einer psychischen Störung ergeben können, insbesondere dann, wenn ihnen der Zugang zu einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten nicht oder noch nicht möglich ist. Internetbasierte Therapieangebote können manchen Patientinnen und Patienten, die andernfalls gar keine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen könnten, den Weg zur psychotherapeutischen Versorgung ebnen. Sinnvoll und nützlich können Online-Therapien für Patientinnen und Patienten sein, denen etwa aus geografischen oder organisatorischen Gründen kein Zugang zur Psychotherapie möglich ist, die sich aufgrund von Schamgefühlen scheuen, einen Psychotherapeuten aufzusuchen oder viel zu lange auf einen Psychotherapieplatz warten müssen. Bei Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, leichteren Depressionen und einigen körperbezogenen Störungen sind Internettherapien kurzfristig wirksam. Internetbasierte Interventionen können zudem Unterbrechungen in der ambulanten Psychotherapie überbrücken oder zur Nachsorge im Anschluss an einen Klinikaufenthalt nützlich sein – unter Berücksichtigung der oben genannten Risiken.

Von Internettherapien, deren Basis strukturierte, online-basierte Programme sind, unterscheiden sich andere Onlineangebote wie Beratungen, Einzel- und Gruppenchats oder internetgestützte Selbsthilfe- und Präventionsprogramme. Die Angebote im Web nehmen stetig zu. „Für Laien ist es hier oft nicht einfach, dubiose Angebote von seriösen Angeboten unterscheiden zu können“, hebt Vizepräsident Dr. Bruno Waldvogel hervor.

„Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erbringen psychotherapeutische Behandlungen im unmittelbaren persönlichen Kontakt. Sie dürfen psychotherapeutische Behandlungen nur in begründeten Ausnahmefällen und unter Beachtung besonderer Sorgfalt ausschließlich über briefliche oder elektronische Kommunikation durchführen, wenn der Kontakt von der Patientin oder von den Patienten nicht anderweitig herstellbar ist“, heißt es in der Berufsordnung der PTK Bayern wörtlich. „Online-Therapieangebote sind keine Alternativen zur heilkundlichen Psychotherapie“, unterstreicht Melcop. „Die PTK Bayern fordert, dass die Internetangebote fachgerecht erstellt, kontrolliert und begleitet werden. Für internetbasierte Interventionen müssen die gleichen Qualitätsstandards gelten wie bei der konventionellen Psychotherapie. Online-Angebote sollte es nur unter Anleitung von Psychotherapeuten geben und nicht in die Hände von Laien oder Unternehmen fallen, die mit ihren Programmen kommerzielle Ziele verfolgen.“

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