Psychotherapeutenkammer Bayern

Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt: Rund 200 Führungskräfte, Entscheider und Betriebsärzte bayerischer Unternehmen informierten sich auf Fachveranstaltung in München

13. Oktober 2010 - Unter dem Titel „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt: Herausforderung für die Zukunft?“ fand am 13. Oktober 2010 im Sophiensaal des Bayerischen Landesamtes für Steuern eine Fachveranstaltung statt, die sich an Führungskräfte und Betriebsärzte bayerischer Unternehmen richtete. Die Veranstaltung wurde von der PTK Bayern in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, der AOK Bayern, dem BKK Landesverband Bayern, dem Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der LMU München, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sowie der Landeszentrale für Gesundheit in Bayern organisiert. Ziel der Veranstaltung war es, für das Thema „Psychische Gesundheit“ zu sensibilisieren, Handlungsoptionen für eine betriebliche Gesundheitsförderung aufzuzeigen und weitere Maßnahmen in diesem Feld anzuregen.

„Aufgrund psychischer Erkrankungen sind viele Menschen immer häufiger und immer länger arbeitsunfähig“, betonte Dr. Nikolaus Melcop, Präsident der PTK Bayern, in seiner Eröffnung. Der arbeitsbedingte Anteil bei psychischen Störungen am Krankenstand betrage inzwischen 43 Prozent. „Diese Zunahme psychischer Störungen und ihre Auswirkungen auf die Betriebe muss uns alle alarmieren – Heilberufe, Krankenkassen, Betriebe und Politik. Dieser Entwicklung darf nicht tatenlos zugesehen werden!“appellierte der Kammerpräsident. „Psychologisch fundierte Maßnahmen zur Förderung psychischer Gesundheit im Arbeitsleben sollten am Führungsstil, der Kompetenz im Umgang mit Stress und dem Erleben von Kontrolle im Arbeitsprozess ansetzen. Als Grundvoraussetzungen kommt dabei Wertschätzung, Sicherheit und einer angemessenen Bezahlung eine entscheidende Rolle zu.“ Abschließend betonte er, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung so früh wie möglich eine fachgerechte Behandlung erhalten müssen, beispielsweise eine Psychotherapie, um Folgeschäden zu vermeiden.

Melanie Huml, Staatssekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit betonte in ihrem Grußwort die große Bedeutung der Motivation der Mitarbeiter, aktiv etwas für einen gesunden Lebensstil zu tun. „Eine große Säule der bayerischen Gesundheitsinitiative Gesund.Leben.Bayern. ist die betriebliche Gesundheitsförderung“, sagte Huml.  
Parallel zu den Fachvorträgen fand eine Pressekonferenz statt, auf der Melanie Huml, Staatsekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit und Dr. Nikolaus Melcop den zahlreichen Journalisten Informationen zum Thema vermittelten.
 
„Energiekrise in der Arbeitswelt? Erschöpfung mentaler Energien und Strategien zu ihrer Erneuerung“ war der Titel des ersten Fachvortrags von Beate Schulze M. A., Leiterin des Zürcher Empowerment Programms für Stressmanagement und Burnout-Prävention an der Universität Zürich. Die Referentin stellte Präventionsstrategien vor, mit denen einer dauerhaften Verknappung unserer mentalen Energievorräte vorgegriffen werden könnte.
 
Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop mit Melanie Huml, Staatssekretärin im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit. (Foto: Siegfried Sperl)

Prof. Dr. med. Andreas Weber, Bereichsleiter Sozialmedizin Versorgungsberatung, Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS), beschäftigte sich in seinem Vortrag mit arbeitsbedingten psychischen und psychosomatischen Erkrankungen und Konzepte zu deren Prävention. Er stellte ausgewählte arbeitsbedingte psychosoziale Gesundheitsrisiken und Public Health relevante Aspekte psychischer Erkrankungen dar.

Prof. Dr. Karlheinz Geißler, Gründer und Teilhaber des „timesandmore-Institutes“ für Zeitberatung, informierte zum Thema „Die Verknappung der Zeit in der Moderne. Wo und wie wäre ’Entschleunigung’ individuell und gesellschaftlich möglich und wünschenswert?“ Für die Zeitordnungsleistungen der Informations- und Dienstleistungsgesellschaft seien ein anderes Zeitverständnis und ein anderes Zeithandlungskonzept, ein Zeitberatungskonzept, notwendig. Es müsste auf Zeitvielfalt, nicht nur Uhrzeit, ausgerichtet sein.

 
PD Dr. med. Peter Angerer, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der LMU München, stellte Stressprävention im Industriebetrieb vor und erläuterte ein Präventionsprojekt von MAN und LMU München. Bei diesem wurde im Rahmen eines 3-jährigen interdisziplinären Forschungsvorhabens produktionsnahen Führungskräften die Teilnahme an einem Stressbewältigungs-Training am Arbeitsplatz angeboten, das sich an dem Gratifikationskrisenmodell orientierte. Die ungewöhnliche hohe Teilnahmerate und die sehr positive Resonanz sowohl bei den Teilnehmern als auch im Management sprächen für die Praxistauglichkeit dieser Intervention.
 
Anna Dumke, Projektleiterin im Team Gesundheit Gesellschaft für Gesundheitsmanagement mbH, Andreas König, Leiter Angebote Gesundbleiben der Siemens-Betriebskrankenkasse und Dr. Michael Schmidt, Leiter Gesundheitsmanagement in der Betriebskrankenkasse der BMW AG (BMW BKK), präsentierten eine Toolbox zur Förderung psychischer Gesundheit im Unternehmen am Projektbeispiel der Betriebskrankenkassen. In den Kurzvorträgen der Referenten standen die konkreten praktischen Erfahrungen aus den erfolgten Pilotuntersuchungen im Vordergrund. Die Referenten der beteiligten Betriebskrankenkassen schilderten ihre Erfahrungen und Ergebnisse der Projekte „Stress Meistern“ (BMW AG) und „Psychische Gesundheit – ein Programm für Führungskräfte“ (Siemens AG, Sector Healthcare).
 
Die Veranstalter und Referent/inn/en (v. l.): Anna Dumke, Andreas König, Prof. Dr. Andreas Weber, Studiendekan Prof. Dr. Hans Drexler, PD Dr. Peter Angerer, Prof. Dr. Karlheinz Geißler, Prof. Dr. Wolfgang H. Caselmann, Beate Schulze M.A., Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop, Dr. Gesine Wildeboer, Vizepräsident Dr. Bruno Waldvogel und Dr. Michael Schmidt. Nicht im Bild: Eleonore Dechant und Dr. Friederike Dunkel-Benz. (Foto: Siegfried Sperl)
Dr. Gesine Wildeboer, Betriebliches Gesundheitsmanagement der AOK Bayern, referierte zum Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz – Die Rolle der Führungskräfte“. Die AOK Bayern habe mit einem umfangreichen Beratungsangebot „Gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung“ reagiert, in dessen Rahmen verschiedene Instrumente zur Diagnose, Intervention und Evaluation entwickelt worden seien. Dr. Wildeboer stellte die Instrumente vor und zeigte beispielhaft Lösungsansätze zum Einfluss der Führungskräfte auf Stressfaktoren auf.
 
Eleonore Dechant, Gesundheits- und Sozialmanagement, Firma Schneider Electric Regensburg GmbH, erläuterte in ihrem Vortrag die gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung am Beispiel ihres Arbeitgebers, eines Unternehmens der Metall und Elektroindustrie. Durch eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Mitarbeiter und die Bereitschaft des Unternehmens zu Veränderungen sei es gelungen, ein erfolgreiches betriebliches Gesundheitsmanagement auf freiwilliger Basis zu etablieren.
 
„Die psychische Gesundheit der Mitarbeiter – ein Beitrag zum Unternehmenserfolg“ war der Vortragstitel von Dr. Friederike Dunkel-Benz, die für die Koordination des Betriebsärztlichen Dienstes der Siemens AG Deutschland verantwortlich ist. Mehr dazu finden Sie in Kürze an gleicher Stelle auf unserer Website.
 
Die Qualitätssicherung und der Erfolgsnachweis der Veranstaltung wird die PTK Bayern mittels eines Feedbackbogens und einer Nachuntersuchung auf Basis der Erkenntnisse der Veranstaltung und der Auswertung der Feedbackbögen mit einem Abstand von ca. einem Jahr durchführen.
Rund 200 Personen nahmen an der Veranstaltung im Sophiensaal des Bayerischen Landesamtes für Steuern teil. (Foto: Siegfried Sperl)
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