Essstörungen sind seelische Krankheiten, die zu gefährlichen sekundären Schäden führen können, erklärte Dr. Heidemarie Lux, Vizepräsidentin der BLÄK und Suchtbeauftragte des Vorstandes. Gerade diese körperlichen Folgeschäden seien teilweise irreversibel und deshalb müssten Essstörungen sehr ernst genommen werden. Die Betroffenen brauchen professionelle Hilfe. Wichtig sei eine frühzeitige ärztliche und therapeutische Behandlung. Und hier sei vor allem das nahe Umfeld der Betroffenen, Eltern, Partner, Freunde und Lehrer, gefragt. Jede Ärztin und jeder Arzt könne bei Essstörungen wegen weiterer Hilfe kontaktiert werden.
Psychologischer Hintergrund des verhaltensbedingten Übergewichts ist vor allem ein labiles Selbstwertgefühl mit einer gestörten Balance zwischen Selbst und Umwelt, erläuterte Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter, 2. Vorsitzender der BAS. Exzessives Essen, noch dazu von kalorienreicher Nahrung, habe eine zentrale und kompensatorische Belohnungsfunktion. Bei betroffenen Menschen konnte festgestellt werden, dass sich die Gehirnstrukturen ähnlich verändert haben wie bei Alkoholabhängigen. Vor allem scheine ein Mangel an Dopamin-Rezeptoren vorzuliegen, wie er bei Personen mit einer Stoffabhängigkeit (Alkohol, Heroin oder Kokain etc.) gefunden worden sei. Das weise darauf hin, dass es ein Belohnungsdefizit gebe, das insbesondere in stressreichen Lebenssituationen durch ein Mehr an Essen unbewusst kompensiert werde.
Ulrich Koczian, Vizepräsident der BLAK, warnte vor Abnehm-Präparaten aus dem Internet oder anderen dubiosen Quellen: Die Dunkelziffer gefälschter, mit verschreibungspflichtigen und damit hochrisikobehafteten Stoffen versetzter Nahrungsergänzungsmittel ist riesig. Noch immer werde der nicht deklarierte Wirkstoff Sibutramin in solchen Fälschungen gefunden, der bei uns schon lange wegen unvertretbarer Risiken aus dem Verkehr gezogen wurde. Hier sei besonders der Apotheker vor Ort als Berater in Sachen Arzneimitteltherapiesicherheit gefragt.
Priv.-Doz. Dr. Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der PTK Bayern, wies darauf hin, dass mit dem Essen bestimmte psychische Zustände und Emotionen verknüpft seien, die sich je nach biografischer Entwicklungsgeschichte und sozialen Erfahrungen unterscheiden und zur Entstehung einer Essstörung beitragen könnten. Essen könne beispielsweise mit Versorgung, Zuwendung und Geborgenheit assoziiert werden, als Ersatzbefriedigung bei Frustration oder Langeweile dienen oder zur Belohnung und Bestrafung eingesetzt werden. In der Behandlung von Essstörungen ist ein möglichst umfassender therapeutischer Ansatz ausschlaggebend, da zahlreiche verschiedene psychosoziale und individuelle Faktoren berücksichtigt werden müssen, erklärte Vogel.
Betroffene können sich in allen Fragen der Prävention von Suchterkrankungen und deren Behandlung als erste Anlaufstelle und Vermittler direkt an die vier Kooperationspartner des 14. Suchtforums wenden.