Bericht des Vorstands
Der Bericht des Vorstands bildete daher nicht nur die aktuellsten Entwicklungen ab, sondern bot auch einen Rückblick auf die laufende Amtsperiode und die dabei bewältigten Projekte und Herausforderungen.
Vizepräsident Peter Lehndorfer eröffnete den Reigen der Vorstandsberichte, indem er zunächst über Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder, Jugendliche, Eltern und Familie und deren Folgen für die Versorgung referierte. Kinder und Jugendliche seien deutlich belastet. Besonders betroffen seien Familien mit Risikofaktoren wie Wohnungsnot, chronischen Erkrankungen und Behinderung. Die bereits vor der Pandemie vorhandenen Versorgungsdefizite im ambulanten und stationären Bereich seien durch die Pandemie deutlicher sichtbar geworden. PTK Bayern, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und Bayerische Landesärztekammer schlugen deshalb im Rahmen zweier Expert*innengespräche im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) vor, die Versorgungskapazitäten quantitativ zu erhöhen und qualitativ die Vernetzung von Schule, Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitswesen zu fördern. Peter Lehndorfer berichtete ferner von Initiativen zur Etablierung der Fachgebietsweiterbildung in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und in kinder- und jugendpsychiatrischen bzw. psychosomatischen Kliniken. U.a. wurde vom PTI-Ausschuss eine Fachkonferenz mit Psychotherapeut*innen, Psycholog*innen und Pädagog*innen aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gestaltet und eine Arbeitsgruppe zur Weiterbildung in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Bayern eingerichtet. Das dort erarbeitete Positionspapier werde genutzt, um entsprechenden Weiterbildungsstellen, deren Strukturen und Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen.
Lehndorfer informierte auch über das Projekt „Mitanand“, mit dem regionale Online-Netzwerke von Gesundheitswesen, Kinder- und Jugendhilfe und Bildungsbereich geschaffen werden soll.
Am Ende seines Berichts referierte er, dass die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ebenso wie die körperliche Gesundheit als positiver Grundstein der menschlichen Fähigkeiten gesehen werden müsse. Sie sei mit entscheidend für die Erreichung von globalen Zielen einschließlich der nachhaltigen Entwicklungsziele. „Wenn wir dies verstehen, können wir psychische Gesundheit mit anderen Augen sehen und Kinder und junge Menschen besser fördern, schützen und unterstützen.“, so Lehndorfer. Er forderte die Psychotherapeutenschaft auf, sich in Politik, Gesellschaft und Öffentlichkeit für mehr Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen einzusetzen.
Auch Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop thematisierte in seinem Bericht die besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie für Patient*innen und Psychotherapeut*innen und die vielfältigen Aktivitäten, die die PTK Bayern zu deren Unterstützung unternommen hat. Er ging auf die diversen Aspekte der Digitalisierung des Gesundheitsbereichs für die Psychotherapie und die Psychotherapeut*innen ein. Er betonte dabei, dass der Einsatz der Digitalisierung im Gesundheitswesen solide geprüft sein und einen in der Versorgung spürbaren Nutzen bringen muss.
Nikolaus Melcop legte weiterhin dar, welche Strukturreformen in der ambulanten Psychotherapie umgesetzt wurden, z.B. durch die Reform der Psychotherapierichtlinie in 2017 und das Terminservice- und Versorgungsgesetz in 2019 sowie durch die in den letzten Jahren neu hinzugekommenen Befugnisse für Psychotherapeut*innen.
Nikolaus Melcop verdeutlichte im Anschluss, dass die Nachfrage nach ambulanter Psychotherapie weiter sehr hoch ist. Deshalb müsse die Bedarfsplanung in ländlichen und strukturschwachen Gebieten angepasst werden. Die Rahmenbedingungen für die psychotherapeutische Versorgung von schwer psychisch erkrankten Patient*innen müssten weiter verbessert und Hindernisse in der neuen Richtlinie für Menschen mit komplexem Leistungsbedarf beseitigt werden.
Er informierte über die verschiedenen Kammeraktivitäten in dem Themengebiet von Klima- / Umweltschutz und Psyche, das sich zunehmend zu einem wichtigen Schwerpunkt der Kammerarbeit entwickelt habe
Anschließend gab er einen Ausblick auf die anstehenden Herausforderungen der kommenden Jahre und bezog sich dabei insbesondere auf den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung. Dort werden sowohl die Förderung der psychischen Gesundheit und der psychotherapeutischen Versorgung konkret benannt als auch eine Vielzahl weiterer Themen, bei denen psychotherapeutische Expertise erforderlich sein werde.
Vorstandsmitglied Birgit Gorgas berichtete über die langjährige Erarbeitung des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (BayPsychKHG) und die damit verbundenen Proteste und Forderung von Anpassungen, durch die letztendlich eine öffentlich-rechtliche Unterbringung gestärkt werden konnte. Die wichtigste Neuerung im Hilfeteil stellt die bayernweite Einrichtung von Krisendiensten dar.
Birgit Gorgas stellte die Grundsätze zur Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern vor, die aktuell überarbeitet werden und damit stärker personen-, teilhabe- und an Grundrechten orientiert und weniger institutionenorientiert werden sollen.
Weitere von Birgit Gorgas vorgestellte Themen waren die Aktivitäten zu Gleichstellung und Gendergerechtigkeit, zur Vernetzung und Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe und zur Unterstützung von Mitgliedern mit Beeinträchtigungen.
Vorstandsmitglied Prof. Heiner Vogel berichtete zu den Entwicklungen der Richtlinie Personalausstattung Psychiatrie und Psychotherapie (PPP-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Die im Jahr 2020 in Kraft getretene Richtlinie wurde heftig kritisiert, so z.B. die völlig unzureichenden Minutenwerte für Einzel- und Gruppenpsychotherapie und dass für Psychotherapeut*innen keine Leitungsfunktionen vorgesehen sind. Auch die gerade beschlossene Anpassung und Einfügung des Berufs der Psychotherapeut*innen brachte diesbezüglich keine Verbesserung, und so bleibt auf die Zusage im aktuellen Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zu hoffen. Hier wird davon geschrieben, dass die Personalrichtlinie so überarbeitet werden soll, dass sie leitliniengerechte Psychotherapie in den Kliniken ermöglichen.
In der Kritik stehen auch die vom G-BA beauftragten und vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) erarbeiteten Planungen zur Qualitätssicherung in der Psychotherapie. Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) plant derzeit eine Round-Table-Staffel zur Entwicklung eines professionseigenen Qualitätssicherungsansatzes.
Ein erfreuliches Ergebnis zeigt die langjährige Zusammenarbeit mit dem bayerischen Justizministerium und den Psychotherapeutischen Fachambulanzen für Sexual- und Gewaltstraftaten, aus der nun ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Versorgung von Menschen, die (schwere) Straftaten begangen haben, entstanden ist. Bei dem Pilotprojekt sollen interessierte Psychotherapeut*innen für die ambulante Psychotherapie mit Menschen, die straffällig geworden sind, qualifiziert werden. Ihnen wird sodann eine Finanzierung der Therapien durch die Justiz in Aussicht gestellt.
Heiner Vogel berichtete außerdem über die Gesundheitsregionenplus, die eine regionale Verbesserung von Prävention, medizinischer und pflegerischer Versorgung durch Netzwerke als Ziel haben. In ganz Bayern beteiligen sich mittlerweile mehr als 50 Psychotherapeut*innen in den verschiedenen Regionen.