Mehrere Berufsgeheimnisträger hatten Beschwerde beim BVerfG gegen Neuregelungen einzelner Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) eingelegt, auf die sich das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung vom 21.12.2007 stützt. Die Beschwerdeführer hielten insbesondere die Unterscheidung zwischen den betreffenden Berufsgruppen für unvereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Sie sahen sich dadurch, dass sie von den privilegierten Gruppen der Berufsgeheimnisträger ausgeschlossen werden, in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sowie in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit verletzt.Joachim Unterländer (Mitte), MdL, mit Vizepräsident Peter Lehndorfer (links) und Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Johannes Schuster)Der Zweite Senat des BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Die angegriffenen strafprozessualen Vorschriften verletzten nicht die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten. Nach Auffassung des BVerfG gewähre der Gesetzgeber nur dann absoluten Schutz vor einer Erhebung, Verwendung oder Verwertung von Informationen, wenn der Kontakt zwischen einem Bürger und einem Berufsgeheimnisträger den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung berühre. Nur ein relativer Schutz werde dann gewährt, wenn der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen sein kann, jedoch nicht zwingend muss. Der Kontakt zu einem Geistlichen als Seelsorger betreffe, so die Argumentation des BVerfG, immer die Religionsausübung als Aspekt der Menschenwürde. Auch Rechtsanwälte seien deswegen absolut zu schützen, da ihre Tätigkeit einen direkten Bezug zum Grundgesetz aufweise. Gleiches gelte auch für Abgeordnete. Indem der Gesetzgeber das absolute Beweiserhebungs- und Verwertungsverbot des § 160a Abs. 1 StPO auf wenige Ausnahmefälle begrenzt, trage er dem Umstand Rechnung, dass die Verfolgung von Straftaten hohe Bedeutung habe.
Das BVerfG räumt jedoch ein, dass bei den Berufsgruppen mit nur relativem Schutz wie den Psychotherapeut/inn/en eine Ermittlungsmaßnahme unzulässig sei, wenn der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung im Einzelfall tangiert werde. Bei Psychotherapeut/inn/en hat also im Einzelfall eine besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung stattzufinden. Zulässig sind Maßnahmen bei ihnen grundsätzlich nur, wenn es sich um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handelt. Ist im Einzelfall der 'unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung' betroffen, ist auch hier von einer Unzulässigkeit der Ermittlungsmaßnahme auszugehen, d. h. es darf nicht abgehört bzw. das Abgehörte nicht verwendet werden.Joachim Unterländer (Mitte), MdL, mit Vizepräsident Peter Lehndorfer (links) und Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Johannes Schuster)Es ist gerade mit der Begründung nicht nachvollziehbar, warum das Bundesverfassungsgericht unserer Berufsgruppe keinen ausreichenden Schutz gewährt. Die private Lebensgestaltung und dabei sehr persönliche und intime Sachverhalte sind immer notwendiger Bestandteil einer psychotherapeutischen Behandlung.Joachim Unterländer (Mitte), MdL, mit Vizepräsident Peter Lehndorfer (links) und Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Johannes Schuster)Die Bundespsychotherapeutenkammer hat in Ihrer Stellungnahme vom 15.3.2010 die Einbeziehung von Psychotherapeut/inn/en in den absoluten Schutz des § 160a Abs. 1 StPO gefordert. Die Stellungnahme können Sie hier nachlesen.Joachim Unterländer (Mitte), MdL, mit Vizepräsident Peter Lehndorfer (links) und Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Johannes Schuster)Die Pressemitteilung des BVerfG vom 7.12.2011 finden Sie hier.Joachim Unterländer (Mitte), MdL, mit Vizepräsident Peter Lehndorfer (links) und Kammerpräsident Dr. Nikolaus Melcop. (Foto: Johannes Schuster)In einem parallel laufenden Verfahren, über welches das BverfG noch in diesem Jahr entscheiden will, geht es um Vorschriften des BKA-Gesetzes, bei dem ebenfalls Abhörbefugnisse geregelt werden. Bitte lesen Sie hierzu auch unsere Pressemitteilung vom 1.12.2008.